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Mobiles Arbeiten – Vorraussetzungen und Erfahrungen aus der Praxis

20. Juli 2021 - 16:10
Aixvox GmbH, Detlev Artelt

Man liest es immer wieder: Die 40-Stunden-Woche im Büro ist ein aussterbendes Konzept. Modernes Arbeiten ist mobil und angepasst an die Präferenzen und Lebensumstände der Mitarbeiter. Denn wer sich flexibler einteilen kann, wann er wo arbeitet und wann er sich zum Beispiel um den Schornsteinfeger kümmern muss, der ist entspannter. Und entspannte Mitarbeiter sind glückliche Mitarbeiter, die kreativer sind, sich dem Unternehmen stärker verbunden fühlen und sogar produktiver sind. Dies zeigt eine Studie https://nbloom.people.stanford.edu/sites/g/files/sbiybj4746/f/wfh.pdf, welche die Stanford University in Partnerschaft mit Ctrip, einem großes chinesischen Unternehmen mit 16.000 Mitarbeitern, durchgeführt hat. Hier gab es durch den Einsatz von Homeoffice große Ersparnisse für das Unternehmen, da man nun weniger Bürofläche brauchte, die Mitarbeiter waren zufriedener mit ihrer Arbeit und arbeiteten sogar mehr Stunden als zuvor im Büro.

Mobiles Arbeiten heißt, dass der Arbeitnehmer nicht an bestimmte Arbeitszeiten oder an einen festen Arbeitsplatz gebunden ist, es sei denn, er möchte aus einem festen Homeoffice arbeiten. Diese Flexibilität, diese Freiheit, ist einer der Gründe, warum viele Arbeitnehmer bei der Jobsuche spezifisch nach Unternehmen suchen, die ihnen diese Möglichkeiten bieten. Wenn Ihr Unternehmen noch am 9-to-5 im Büro festhält, kann das bedeuten, dass Sie bald chancenlos auf dem Arbeitsmarkt sind!

Aber worauf muss man achten, wenn man mobiles Arbeiten anbieten oder auch nutzen möchte? Denn sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber oder Manager ist die Umstellung auf ein dezentrales Arbeiten eine große Veränderung.

Managen verteilter Teams – wie führt man verteilte Teams, was gibt es zu beachten, welche Konzepte gibt es? 

Ihr Chef hat gehört, dass man jetzt in digitalen und verteilten Teams arbeitet und hat Ihnen die Aufgabe gegeben, ein solches, neu eingerichtetes, digitales Team zu betreuen. Dies ist ohne Schulungen oder vorherige Expertise in diesem Gebiet eine große Herausforderung, sowohl auf der organisatorischen, der personellen, als auch der technologischen Ebene. Denn die Gefahr, dass die Arbeitsqualität und Motivation Ihres Teams leiden ist durch das dezentrale Arbeiten erhöht und auch das Zeitmanagement kann problematisch sein.

Was sind die Besonderheiten, auf welche Sie beim Managen eines verteilten Teams achten müssen?

Ein Aspekt, der häufig unterschätzt wird, ist die geringe Kontakthäufigkeit. Die Teammitglieder sehen sich nur selten oder, vor allem in Zeiten der Pandemie, gar nicht persönlich. Dies schränkt einerseits das Teamgefühl ein, ist andererseits aber auch auf einer kommunikativen Ebene problematisch, denn es gibt nur geringe Möglichkeiten, sich persönlich kurz und knapp spontan zu besprechen. Natürlich arbeiten die meisten Unternehmen mittlerweile mit einem Chat-Programm, aber das ist einfach nicht das gleiche wie eine Face-to-Face Unterhaltung mit einem Kollegen. Die Mitarbeiter wissen also eventuell weniger darüber, woran die Anderen gerade arbeiten und können seltener auf die Ratschläge ihrer Kollegen vertrauen. Hier muss der Manager die Initiative ergreifen. Daily Talks oder Feedbackrunden sind ein guter Anfang, damit Ihr Team auf der gleichen Wellenlänge ist und einander Ratschläge zu Problemen geben kann. Die Qualität der Arbeit könnte also geringer sein, da mehr Input von den Kollegen oft zu einem besseren Ergebnis führt, aber auch die soziale Komponente leidet hier. Es ist dem Team sowieso schon nicht möglich, fünf Minuten Smalltalk am Kaffeeautomaten zu halten und durch das mangelnde Feedback der Kollegen fühlt sich die Arbeit eher wie mehrere Einzelprojekte statt eines großen Ganzen an. Es ist also sehr leicht möglich, dass das Team sich nicht wie ein Team anfühlt. Hier können schon Schritte wie ein wöchentliches Videomeeting helfen. Dieses kann nicht den Kontakt im echten Leben ersetzen, aber es ist überraschend, wie gut es tut, mal die Gesichter der Kollegen zu sehen, statt nur ihre Stimmen in Meetings zu hören oder ihre Nachrichten in Chats und E-Mails zu lesen.

Für den Manager ist auch die Leistungsbeurteilung eine Sorge: Woher weiß ich, wer gut arbeitet und wer nur seine Zeit und das Geld des Betriebs verschwendet?

Hier gilt für erst einmal: Durchatmen und dem Team von Beginn an Vertrauen entgegenbringen. Es ist sowieso quasi unmöglich, im mobilen Arbeiten auf die vertraglich vereinbarten 40 Stunden und Zeiträume zu pochen, also schadet es nur der Teammoral, wenn der Manager alle 5 Minuten Updates möchte, wer gerade an was arbeitet. Also: Vertrauen Sie Ihren Mitarbeitern! Denn Studien zeigen, dass man im Homeoffice produktiver arbeitet und erst wenn Sie merken, dass für einen Ihrer Mitarbeiter das Konzept des mobilen Arbeitens nicht gut funktioniert, sollten Sie mit ihm sprechen.

Es ist außerdem, wegen der geringen Kontakthäufigkeit, wichtig, von Beginn an Teambuilding zu betreiben. Sie sollten also darauf achten, alle Mitglieder in das Projekt mit einzubeziehen, damit sie sich stärker ihren Aufgaben verbunden fühlen und emotional involvierter sind. Außerdem sollten Sie Ihrem Team die Möglichkeit für Small Talk geben, selbst wenn dieser am Anfang von virtuellen Meetings passiert. Denn Small Talk trägt unglaublich viel zum Gefühl der Zusammengehörigkeit bei.

Kommunikation ist bei einem verteilten Team noch wichtiger als sonst, also denken Sie vielleicht darüber nach, die Medienkompetenzen Ihrer Kollegen schulen zu lassen, um die bestmöglichsten Umstände für das problemlose Kommunizieren zu ermöglichen. Denn ohne spontane Absprachen am Schreibtisch muss jedes virtuelle Meeting noch besser laufen, als es in Person Meetings tun. Also: Ihrem Team vertrauen, Sicherstellen, dass es ein Gefühl von Zusammengehörigkeit gibt und gute Kommunikation pflegen. Das verteilte Unternehmen – Arbeiten an verteilten Standorten und über Landesgrenzen und Zeitzonen hinaus.

Was kann der Arbeitnehmer tun, damit das Konzept des verteilten Unternehmens auch für ihn gut funktioniert?

Vielen fehlt gerade der Small-Talk, das kollegiale Miteinander. Hier gibt es auch im digitalen Raum zahlreiche Möglichkeiten. Betreten Sie den virtuellen Meetingraum 5 Minuten vor Beginn des Meetings, um ein wenig lockerer reden zu können. Es gibt außerdem viele Kommunikations-Tools, die im Rahmen des mobilen Arbeitens genutzt werden, die einen kurzen Chat oder Video-Anruf einfach machen. 

Es ist außerdem wichtig, auch von zuhause aus in ein gutes Mindset für die Arbeit zu kommen. Der Weg dahin ist für jeden unterschiedlich, also empfehlen wir: Ausprobieren! Für manche funktioniert es gut, sich feste Arbeitszeiten zu setzen, dies muss nicht 9-to-5 sein, sondern kann auch ein paar Stunden vormittags und ein paar Stunden abends sein, aber es ist wichtig, Strukturen für sich selbst aufzubauen. Man, sollt hierbei auch darauf achten, sich selber Pausen zu geben, denn Freizeit ist nicht (!) der Feind der Arbeit, Phasen der selbstbestimmten Entspannung sind sehr vorteilhaft für ein darauf folgendes, kreatives Arbeiten, nach einer Untersuchung der Universität St. Gallen bekommen wir sogar 80% unserer neuen Ideen außerhalb des Arbeitsplatzes!

Außerdem sollte man darauf achten, Ablenkungen allgemein zu vermeiden. Es ist zum Beispiel eine gute Idee, den Mitgliedern des Haushaltes zu sagen, dass man nicht immer verfügbar ist, nur weil man jetzt von zuhause aus arbeitet. Wer die Möglichkeit hat, sollte darüber nachdenken, sich in einem getrennten Raum sein Homeoffice einzurichten, denn allein die Tatsache, dass man dann diesen Raum als Büro betrachtet, hilft enorm.

Schließlich sollten Sie noch darauf achten, dass Sie eine gute Work-Life-Balance aufrechterhalten. Denn es kann sehr schnell dazu kommen, dass man zu jeder Tageszeit „noch mal schnell“ eine Sache für den Chef erledigt. Lassen Sie – an Wochenenden und im Urlaub – mal die Arbeit sein.

Service Center via Homeoffice – Kundenservice aus dem Homeoffice? Welche Lösungen sind verfügbar? Erfahrungen aus der Praxis

Wenn die meisten Menschen an ein Servicecenter denken, denken sie an ein Großraumbüro, in dem die Mitarbeiter eng beieinander, aber hoffentlich mit 1,5m Abstand, an ihren Arbeitsplätzen sitzen und versuchen, durch ihre Headsets den Kunden statt den Sitznachbarn zu hören. Zu Beginn der Corona-Epidemie war dieses Konzept nicht mehr umsetzbar und auch der Kundenservice wurde aus dem Homeoffice betrieben – Funktioniert dieses Konzept vielleicht besser als das klassische Call- oder Contact Center?

Ein großer und sehr offensichtlicher Vorteil des Service Centers via Homeoffice ist die Ruhe. Denn es ist sehr viel einfacher den Kunden zu verstehen, wenn nicht noch zehn andere Kunden in Hörreichweite von Kollegen bedient werden. Man kann also konzentrierter und entspannter auf die Bedürfnisse des Kunden eingehen.

Durch Corona gibt es viele neue Besorgnisse und Fragen der Kunden, jedoch sind diese oft sehr ähnlich. Hier ist es umso wichtiger, dass Ihr Service Center effektiv Chat Bots einsetzt um diese Fragen automatisiert zu beantworten. Denn so werden ihre Mitarbeiter entlastet und können mehr Energie und Zeit in komplexere Anfragen stecken, die mehr Konzentration erfordern. Eine andere Art von Chat Bots ist jene, die den Kunden zum passenden Experten weiterleitet. Anhand einer Reihe von automatisierten Fragen, zu denen die Kunden feste Antworten, wie zum Beispiel Zahlen, geben, ermittelt der Chat Bot den optimalen Mitarbeiter, um sich um die spezifischen Probleme des Kunden zu kümmern. So bekommt jeder Mitarbeiter Kunden zugeteilt, deren Fragen sein Fachbereich sind, was den allgemeinen Workflow verbessert und für größere Kundenzufriedenheit sorgt. 

Sie sollten außerdem trotz der neuen Arbeitslage Homeoffice darauf achten, dass die User Experience sich nicht zu stark verändert. Die Benutzer sollten nach wie vor in der Lage sein, ihre Service Agenten auf den gewohnten Wegen zu erreichen, egal ob dies über Skype, per Telefon, Mail oder über einen Live-Chat ist.

Eine technische Komponente, die für viele Berufe aber vor allem für Service Centers eine absolute Must-Have Voraussetzung für das Arbeiten aus dem Homeoffice ist, ist das cloudbasierte Speichern von z.B. Wissensdatenbanken. Denn es ist absolut vital für den Arbeitsablauf, dass Ihre Mitarbeiter auf einfachem Wege nachgucken Wissen nachgucken können. Außerdem läuft Cloud-Software über einen Browser, was bedeutet, dass nicht jeder Mitarbeiter einen extra Client auf seinem Heim-PC installieren muss und Cloud-basierte Speichersysteme sind einfach skalierbar, es macht wenig Unterschied, ob 10 oder 100 Leute auf den Service zugreifen müssen.

Konzepte, Technik, Menschen

Was hilft der Produktivität, was ist hinderlich? Wie organisierte ich mich richtig und welche Tools können den Arbeitsalltag erleichtern?

Schon im April haben wir Ihnen in unserem Blog wichtige Tools für das Arbeiten im Homeoffice vorgestellt https://aixvox.com/keine-panik!-vorhandene-konzepte-und-werkzeuge-in-krisenzeiten-optimal-nutzen/. Seitdem haben sich viele der genannten Tools weiterentwickelt und vor allem Microsoft Teams hat einige sehr nützliche neue Features.  So lässt sich das im Artikel erwähnte Microsoft To-Do https://todo.microsoft.com/tasks/de-de/ mittlerweile direkt in Teams integrieren, um eine übersichtliche To-Do Liste direkt an dem selben Ort zu haben, wo auch Ihre Besprechungen stattfinden und Ihre Daten liegen. Außerdem beinhaltet jedes Teams Meeting ein integriertes White-board, welches gespeichert werden kann, was für Brainstorming-Sessions sehr nützlich ist.

Autor: 

Detlev Artelt

Detlev Artelt, aixvox

Detlev Artelt ist der Herausgeber und Autor der Fachbuchreihe „voice compass", dem Standardwerk zu zeitgemäßer Kommunikation in Unternehmen.