Service über digitale Kanäle schafft nicht nur begeisterte Kunden, sondern kann auch Umsatz generieren. Doch wie erbringt man professionellen Kundenservice in Amazon-Rezensionen, Facebook- und Instagram-Communities, auf Twitter, in Apps oder eigenen digitalen Kanälen? Unser Gastautor Björn Janich verrät, wie Community-Management funktioniert und wie moderner Service gelingt, der nicht nur Digital Natives „likes“ abringt. In Zeiten von Covid-19 kämpfen Unternehmen mit enormen Einschnitten und Veränderungen. Gerade jetzt ist Kundenbindung für viele von existenzieller Bedeutung. Diesbezüglich wird der Mehrwert von professionellem Community-Management auf den Social-Media-Kanälen noch immer unterschätzt, da sich Werbetreibende häufig nur den redaktionellen Inhalten widmen. „Content is King“ wird gerne proklamiert, aber erst der direkte Dialog mit den Konsumenten macht Social Media so richtig „social“ und bietet die Chance, Kunden zu echten Fans zu machen.
Wir haben die laut Millward Brown BrandZ-Ranking Top 50 der wertvollsten Marken in Deutschland 2020 auf Facebook analysiert. Das ernüchternde Ergebnis: Nur 18 Prozent schöpfen die Möglichkeiten durch vollumfängliches Community-Management aus, fast zwei Drittel zeigen eklatante Schwächen und vernachlässigen wichtige Aspekte in der Kommunikation, jedes fünfte Unternehmen antwortet gar nicht oder nur sehr sporadisch auf eingehende Facebook Kommentare. Dabei sollte professionelles Community-Management unbedingt ein fester Bestandteil in jeder Außenkommunikation sein. Community-Manager sind ebenso Sprachrohr eines Unternehmens wie ein Pressesprecher – teilweise erreichen sie sogar ein größeres Publikum. Gerade in den sozialen Medien verbreiten sich Informationen innerhalb kürzester Zeit. Ein Shitstorm entsteht schnell und kann zu erheblichem Reputationsschaden führen, wenn falsch oder gar nicht reagiert wird.
Deshalb ist es wichtig, die eingehenden Kommentare aller Kanäle kontinuierlich zu prüfen und entsprechend zu moderieren. Und das gilt nicht nur für die klassischen Social-Media-Kanäle wie Facebook, Instagram und Twitter. Ob Business Netzwerke und Plattformen wie Xing, LinkedIn und kununu oder Bewertungsportale und Online-Shops mit Rezensionen wie Amazon, App-Stores, Google
Maps: Überall, wo ein Unternehmen in irgendeiner Form öffentlich Feedback erhält, sollte es auch selbst aktiv werden und in den Dialog gehen. Das erfordert für den Community-Manager nicht nur Sicherheit im Umgang mit den einzelnen Kanälen und Plattformen, sondern auch umfängliches Wissen zum Unternehmen und vor allem eine gute interne Vernetzung in diesem. Kommentare in den sozialen Medien können die verschiedensten Themen behandeln von einer einfachen Frage zum Produkt, über Reklamationsbeschwerden, Bewerberanfragen bis hin zu gesellschaftlichen und politischen Themen.
Je nach Branche und Plattform kann die Gewichtung sehr unterschiedlich ausfallen, aber grundsätzlich kann es um die Bereiche Marketing, PR, Customer Service, Produktmanagement, Human Resources, Vertrieb/Sales etc. gehen. Da ist es unabdingbar, vor dem Start des Community-Managements festzulegen, bei welchen Themen der Community-Manager Rücksprache mit den Fachabteilungen halten sollte und wer hier die genauen Ansprechpartner für ihn sind. Nur so kann ein schnelles und inhaltlich verlässliches Handeln gewährleistet werden.
Die sieben goldenen Regeln im Community-Management:
Was sonst noch wichtig, ist um ein professionelles Community-Management zu etablieren und eine dauerhafte Beziehung zu den Followern aufzubauen, sollen die nachfolgenden sieben goldenen Regeln aufzeigen:
- 1.: #behuman
Nicht nur bei Beschwerden hat es einen positiven Effekt, wenn dem Konsumenten vor Augen geführt wird, dass er mit einem Menschen in den Dialog tritt und nicht anonym mit einem Unternehmen oder einer Maschine. Eine persönliche Anrede und Grußformel können dies vermitteln. Besonders auf die Individualität der Antwort kommt es an – standardisierte Textbausteine sind in jedem Fall zu vermeiden. Auch wenn man am Tag dieselbe Frage gestellt bekommt, sollte die Antwort zwar inhaltlich immer die gleiche Aussage sein, in der Formulierung aber variiert werden.
- 2.: #BeRespectful
Empathievermögen ist eine der wichtigsten Eigenschaften für den CommunityManager. Er muss sich bei jedem angesprochenen Problem in die Lage des Konsumenten versetzen und Verständnis für die jeweilige Situation zeigen können. Insbesondere bei Beschwerden und Vorwürfen sollte die Antwort stets höflich bleiben, unabhängig davon, ob der Konsument im Recht ist oder nicht. Schuldzuweisungen, Sarkasmus oder eine Kommunikation von oben herab sind hier nicht zielführend – ein respektvoller Dialog auf Augenhöhe wirkt deeskalierend und vermittelt auch der mitlesenden Community, dass Kunden ernst genommen werden. Im Gegenzug darf der Respekt aber auch von der Community eingefordert werden. Hier hilft die Definition von klaren Community-Richtlinien. Wenn einzelne User sich komplett im Ton vergreifen, kann dann auf die Netiquette verwiesen werden. Ein moderierendes Eingreifen ist zusätzlich ebenfalls empfehlenswert.
- 3.: #BeHonest
Durch widersprüchliche Kommunikation oder unglaubwürdige Aussagen kann ein hoher Schaden entstehen. Es rächt sich meist, seiner Community Versprechungen zu machen, die später nicht eingehalten werden können, oder falsche Erwartungen zu wecken. Getroffene Aussagen sollten immer aufrichtig und so transparent wie möglich sein. Eigene Fehler einzugestehen, ist völlig in Ordnung und wird deutlich schneller verziehen als Vertuschungsversuche oder offensichtliche Ausreden.
- 4.: #BeGenuine
Um glaubwürdig zu sein, ist es erforderlich, eine einheitliche Sprache und Tonalität festzulegen, die authentisch ist und die zu der jeweiligen Marke passt. Die Kommunikation anderer Communities imitieren zu wollen, ist der falsche Weg. Der Community-Manager muss in der Lage sein, den „Tone of Voice“ in der Kommunikation anzuwenden, und er sollte zudem die Wünsche und Bedürfnisse der Zielgruppe gut kennen und entsprechend bedienen können.
- 5.: #BeSocial
Die Tonalität sollte nicht nur zur Marke und zur Zielgruppe passen, sondern natürlich auch zum jeweiligen Social MediaKanal. Eine zu förmliche Sprache und die Sie-Form sind auf Facebook und Instagram in der Regel fehl am Platz. Schachtelsätze und interne Fachbegriffe sind ebenfalls zu vermeiden. Oft liegt der Fokus auf den Beschwerden, aber (neutrale und positive) Kommentare dürfen ebenfalls nicht vernachlässigt werden: Hier geht es darum, die Fans auch mal zum Schmunzeln zu bringen, indem zum Beispiel humorvoll mit einem Augenzwinkern reagiert wird. Das Entertainen der Community ist einer der wichtigsten Faktoren, um Fans an den Kanal und somit an die Marke zu binden. Aktuelle Social Media-Trends sollten stets im Blick behalten und da, wo es passt, in die Kommunikation mit eingebunden werden. Die regelmäßige Verwendung von Emojis und die Einbeziehung anderer User in eine Unterhaltung helfen dabei, die Antworten „socialiger“ zu machen.
- 6.: #BeThorough
Sorgfalt klingt banal und doch wird sie von vielen unterschätzt und vernachlässigt. Jede einzelne Anfrage sollte aufmerksam gelesen und die Antwort immer präzise auf Korrektheit und Vollständigkeit geprüft werden. Ist die Antwort lösungsorientiert? Ist sie auch vollständig – wurde auf alle Aspekte eingegangen? Neben der inhaltlichen Sorgfalt dürfen natürlich auch Rechtschreibung und Grammatik nicht zu kurz kommen. Insbesondere wenn neue Community-Manager eingesetzt werden, empfiehlt sich der Einsatz eines Vier-Augen-Prinzips zur Sicherung der Qualität. Regelmäßige Qualitätskontrollen sollten in jedem Fall stattfinden.
- 7.: #BeFast
Ab einer gewissen Größe der Community und Anzahl an Kanälen sollte auf ein professionelles Social Media-Tool zurückgegriffen werden. So lässt sich das Community-Management in Teams effizient organisieren und auswerten. Es wird immer wieder Anfragen geben, die eine Rücksprache mit anderen Abteilungen erfordern (etwa mit Produktmanagement, Vertrieb, Marketing, PR etc.). Hierzu sollten eindeutige Abstimmungsprozesse, Eskalationsstufen und Prioritäten definiert werden, um einen schnelles Handeln zu gewährleisten. Je nach Branche und Kanal erwartet die Community innerhalb von wenigen Stunden eine Antwort. Länger als 24 Stunden sollte keine Anfrage unbeantwortet bleiben.
Björn Janich
Björn Janich ist als Senior Digital Account Manager verantwortlich für den Social Media Bereich bei gkk dialog in Frankfurt. Er berät und betreut führende Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen wie Automobil, Unterhaltungselektronik und FMCG. Studiert hat er Medienkommunikation und er verfügt über langjährige Erfahrung im Kundenservice von Amazon.